Pocsi, eine Erfolgsgeschichte aus dem Hochland von Peru

Pocsi ist ein kleines Kaff im Hochland von Peru, etwa zwei Autostunden von Arequipa entfernt. Der Dorfplatz mit einer kleinen Kirche, einem etwas vernachlässigtem Gemeindehaus, das einzige zweistöckige Gebäude, und darum herum noch einige bescheidene einstöckige Wohnhäuser. Eine ältere Frau fragt uns, ob wir hier jemanden erwarten. Ja, wir würden auf Juanita warten, die uns zu den Kräuterbauern von Pocsi bringen würde.  „Aha, Ihr seid also die Käufer des Thymians. Unser Weiler würde da auch gerne mitmachen, wir haben gesehen dass die Leute von Pocsi damit guten Erfolg haben.“ Wir fragen, wo denn ihr Weiler liege. Sie zeigt mit der Hand gegen Osten:“Da hinter dem Berg, zwei Stunden zu Fuss.“ Juanita trifft ein, auch sie ist zu Fuss hierher gekommen. Natürlich kennen sich die beiden Frauen und Juanita erklärt, dass vor ein paar Monaten eine Delegation vom andern Weiler bei ihnen vorbei gekommen seien, um sich den Anbau von Thymin erklären zu lassen.

Juanita steigt zu uns auf den Pick up und wir fahren eine kurvenreiche, staubige Strasse die Bergflanke hoch. Links und rechts ein paar bewässerte Terassen und dann grünes Busch- land. Es ist Regenzeit und die Halbwüste zeigt sich ziemlich grün. Nach einer halben Stunde erreichen wir den Weiler, wo uns ein Dutzend Kräuterbauern mit ihren Familien erwarten. Wir sind hier auf 3400 Meter über Meer, am Fusse einer imposanten Bergkette, deren Gipfel weit über 5000 Meter hoch sind. Der Weiler besteht aus einem Dutzend kleinen einstöckigen Häusern

Die Bäuerinnen und Bauern möchten uns als erstes ihre Kräuterfelder zeigen. Wir gehen zu Fuss durch einen kleinen Bach, der während der Regenzeit etwas Wasser führt, und werden von einer kleinen Herde Alpaca neugierig beobachtet. Die Leute hier leben von Viehzucht, vom Anbau von Quinoa, Kartoffeln und seit ein paar Jahren vom Kräuteranbau. Wir werden zuerst zu einem Aussichtspunkt geführt, von wo wir die ganze bewässerte Fläche überblicken können.

„Schau, die violett blauen Felder dort, das ist alles blühender Thymian, den wir nächste Woche zu ernten beginnen“ Wir marschieren weiter zu den Feldern und stolz werden uns die sauber gejäteten Kulturen gezeigt. Kein Grashalm und kein Beikraut zeigen sich zwischen den Thymianpflanzen. „Alles muss sauber sein, bevor wir mit der Ernte beginnen können. Wir ernten mit der Sichel und bringen die Ernte zum Trocknungsgebäude dort.

Wenn die Kräuter trocken sind, dreschen wir sie und sieben den grössten Teil der Stengel aus. Dann tragen wir die gefüllten Säcke ins Dorf, wo sie dann mit einem Lastwagen nach Arequipa gebracht werden.“ Nach ausgiebigem Fachsimpeln über das Düngen, über die Selektion von Pflanzen für die Gewinnung des eigenen Saatguts bis zur korrekten Bewässerung der Kulturen

ist es Zeit zum Essen. Wir sind eingeladen zu Cuy und Papas, gebratenen Meerschweinchen und Kartoffeln. Für die Leute hier auf dem Hochland ein Leckerbissen.

Während des Essens frage ich in die Runde, wie sie denn auf den Thymian aufmerksam geworden sind. Don Martin beginnt zu erzählen und wir kriegen eine erstaunliche Geschichte zu hören. „Vor dreissig Jahren waren wir hier alle Landarbeiter ohne eigenes Land. Manchmal gab es etwas Arbeit bei einem Bauern, manchmal haben wir für die Gemeinde im Strassen- unterhalt gearbeitet und öfters mussten wir nach Arequipa, um als Taglöhner zu arbeiten, weil es hier monatelang keinen Verdienst gab. Viele sind in der grossen Stadt hängen geblieben, einige sind aber immer wieder zurückgekehrt. Durch die verschiedenen Arbeiten kannte ich die Gegend hier wie meine eigene Hosentasche, denn zur Arbeit musste ich immer zu Fuss, der Bus war mir zu teuer. So entdeckte ich die Quelle, die Du oberhalb der Felder gesehen hast. Da hat niemand etwas angebaut, niemand hat hier gewohnt. Zu der Zeit hatten wir in Pocsi einen sehr engagierten Priester, der hat sich für uns Landlose immer besonders eingesetzt. Als ich ihm von der Quelle erzählt habe, da wollte er das selber sehen und ich führte ihn an diesen Ort. Er erkundigte sich, wer der Besitzer dieses Landstrichs war und erfuhr, dass es dem peruanischen Staat gehörte. Er lud uns Landlose zu sich ein und schlug vor, dass wir uns organisierten und den Staat um das Land bitten sollten. Zwölf von uns taten wir uns zusammen und mit Hilfe des Priesters erhielten wir das Land tatsächlich zugesprochen.“ Das Land war nur Halbwüste, das Entscheidende waren aber die Quelle, unser Wille, etwas daraus zu machen und die Hilfe und Er- mutigungen des Dorfpriesters. Wir begannen,das Land zu roden, die Steine zusammen zu tragen, zu terrassieren und Bewässerungskanäle anzulegen. Nach und nach zogen wir in die Nähe unserer Felder, wo wir Kartoffeln, Quinoa und anderes für unsere Familien anbauten. Nach vielen Jahren harter Arbeit hatten wir eigenes Land und eigene bescheidene Wohnhäuser